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Die Katze im Taubenschlag
»Jawohl, Miss Bulstrode. Wird gemacht.«
»Was pflanzen Sie in dieses Beet, Briggs?«
»Ich wollte eigentlich & «
»Keine Astern«, befahl Miss Bulstrode, ohne ihm Zeit zu einer Erklärung zu lassen. »Pflanzen Sie
bitte Dahlien.«
Miss Bulstrode ging, und Briggs begann sofort zu schimpfen.
»Kommt nur her, um einen herumzukommandieren; ohne Sinn und Verstand. Nehmen Sie sich
bloß in acht vor den Italienerinnen, meine ich.«
»Wenn ich ihr nicht gefalle, braucht sie's nur zu sagen«, erklärte Adam. »Gibt genug andere
Stellungen.«
Adam trug weiter einen gekränkten Ausdruck zur Schau, während er sich wieder an die Arbeit
machte.
Miss Bulstrode ging über den Pfad, der zum Schulgebäude führte. Ihre Stirn war leicht gerunzelt.
Miss Vansittart kam aus der entgegengesetzten Richtung.
»Ein sehr heißer Nachmittag«, stellte Miss Vansittart fest.
»Ja, heiß und drückend.« Wieder runzelte Miss Bulstrode die Stirn. »Ist dir der junge Gärtner
aufgefallen, Eleanor?«
»Nein, nicht besonders.«
»Ich finde ihn ein wenig sonderbar, nicht der übliche Typ«, bemerkte Miss Bulstrode nachdenklich.
»Vielleicht ein Student aus Oxford, der sich etwas dazuverdienen will.«
»Möglich. Jedenfalls sieht er gut aus, und die Mädchen haben das natürlich auch schon bemerkt.«
»Das alte Problem.«
»Ja, das Problem, Freiheit und Disziplin unter einen Hut zu bringen, das meinst du doch?«
»Ja.«
»Wir schaffen es schon«, sagte Miss Bulstrode zuversichtlich.
»Davon bin ich überzeugt. Bisher hat es in Meadowbank doch noch nie einen Skandal gegeben,
nicht wahr?«
»Ein- oder zweimal aber beinahe«, erwiderte Miss Bulstrode lachend. »In einer Schule ist immer
für Abwechslung gesorgt.
Hast du dich hier jemals gelang weilt, Eleanor?«
»Bestimmt nicht. Ich finde meine Arbeit äußerst anregend und befriedigend«, erklärte Miss
Vansittart. »Du darfst auf deinen Erfolg stolz sein, Honoria.«
»Ja, es ist mir gelungen, Meadowbank zu einer wirklich guten Schule zu machen, obwohl man
niemals ganz das erreicht, was man sich erträumt hat«, erwiderte Miss Bulstrode nachdenklich.
Dann fragte sie plötzlich: »Was würdest du tun, wenn du Leiterin dieser Schule wärest, Eleanor?
Würdest du viele Veränderungen vornehmen? Bitte, beantworte mir diese Frage ganz offen. Es
interessiert mich sehr, deine Ansichten zu erfahren.«
»Ich glaube nicht, daß ich irgend etwas ändern würde«, erwiderte Eleanor Vansittart. »Ich finde die
Atmosphäre und die ganze Organisation der Schule großartig.«
Miss Bulstrode schwieg einen Augenblick. Ob sie das nur gesagt hat, um mir nach dem Munde zu
reden? fragte sie sich.
Was weiß man voneinander? Was weiß man selbst von Menschen, denen man jahrelang
nahegestanden hat? Das kann nicht ihr Ernst sein, denn jeder kreative Mensch sehnt sich danach,
seine eigenen Ideen in die Tat umzusetzen.
Wahrscheinlich hat sie das nur aus Taktgefühl gesagt & und Takt ist ungeheuer wichtig. Den
Eltern, den Schülerinnen, den Kolleginnen gegenüber muß man Takt beweisen. Eleanor war
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Die Katze im Taubenschlag
zweifellos sehr taktvoll.
»Gewisse Veränderungen sind unvermeidlich«, sagte sie schließlich. »Die Zeiten ändern sich und
mit ihnen die Lebensbedingungen ganz allgemein.«
»Das muß man natürlich in Betracht ziehen«, entgegnete Miss Vansittart. »Man muß mit der Zeit
gehen. Aber es ist und bleibt deine Schule, Honoria. Deine Ideen und Traditionen müssen unbedingt
weiterbestehen. Ich denke, Tradition ist wichtig. Du nicht auch?«
Miss Bulstrode antwortete nicht. Jetzt durfte sie auf keinen Fall etwas Voreiliges sagen. Das
Angebot einer Partnerschaft lag in der Luft. Die wohlerzogene Miss Vansittart tat, als sei sie sich
dieser Tatsache nicht bewußt, obwohl sie ihr nicht unbekannt sein konnte. Miss Bulstrode dagegen
wußte nicht, was sie davon abhielt, sich festzulegen. Wahrscheinlich war ihr der Gedanke, das Zepter
aus der Hand zu geben, eben unerträglich. Und doch wer wäre geeigneter, ihre Nachfolgerin zu
werden, als die treue, zuverlässige Eleanor? Natürlich war auch die brave Chaddy die Zuverlässigkeit
in Person, aber als Leiterin einer großen Schule konnte man sie sich eben beim besten Willen nicht
vorstellen.
Was will ich wirklich? fragte sich Miss Bulstrode. Warum bin ich, zum ersten Mal in meinem
Leben, nicht fähig, einen Entschluß zu fassen?
In der Ferne läutete eine Glocke.
»Meine Deutschstunde, ich muß gehen«, sagte Miss Vansittart.
Sie näherte sich dem Schulgebäude mit raschen, aber gemessenen Schritten. Miss Bulstrode, die ihr
etwas langsamer folgte, stieß fast mit Eileen Rich zusammen, die aus der entgegengesetzten Richtung
auf sie zueilte.
»Entschuldigen Sie bitte, Miss Bulstrode. Ich habe Sie nicht gesehen.« Wie immer hingen
unordentliche Haarsträhnen aus ihrem Knoten, der sich jeden Augenblick aufzulösen drohte.
Miss Bulstrode bemerkte wieder einmal, daß ihr Gesicht zwar häßlich, aber intelligent, lebendig
und interessant war.
»Haben Sie eine Stunde zu geben?« fragte Miss Bulstrode nachdenklich.
»Ja, Englisch.«
»Das Unterrichten macht Ihnen Freude, nicht wahr?«
»Sehr. Ich kann mir nichts Faszinierenderes vorstellen als den Beruf einer Lehrerin.«
»Warum?«
Eileen Rich runzelte die Stirn und fuhr sich mit der Hand durch das Haar. »Ist das nicht
merkwürdig? Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Warum ist man gern Lehrerin? Weil es einem
ein Gefühl der Wichtigkeit gibt? Nein, nein & ganz so schlimm ist es denn doch nicht. Vielleicht
könnte man es mit dem Angeln vergleichen. Man weiß nie im voraus, was für einen Fang man
machen, was man dem Meer entlocken wird. Nichts ist aufregender, als auf einen Funken Talent zu
stoßen und ihn anzufachen. Allerdings gelingt das leider nicht allzuoft.«
Miss Bulstrode nickte zustimmend. Sie hatte sich nicht geirrt.
Miss Rich besaß Originalität und konnte logisch denken.
»Ich nehme an, daß Sie eines Tages selbst eine Schule leiten werden«, bemerkte sie.
»Es ist mein sehnlichster Wunsch«, erwiderte Eileen Rich.
»Sicher haben Sie schon bestimmte Ideen über die Leitung einer Schule, nicht wahr?«
»Jeder hat da wohl seine Ideen, und manche davon lassen sich nicht verwirklichen«, erwiderte
Eileen Rich. »Einige mögen sich sogar in der Praxis als grundfalsch erweisen trotzdem muß man
das Risiko eingehen und Experimente wagen. Leider muß jeder seine eigenen Erfahrungen sammeln,
das scheint unvermeidlich zu sein.«
»Welche Änderungen würden Sie vorschlagen, wenn Sie eine Schule wie Meadowbank leiten
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Die Katze im Taubenschlag
müßten?« fragte Miss Bulstrode unvermittelt.
»Das & das ist schwer zu sagen«, erwiderte Miss Rich verwirrt.
»Genieren Sie sich nicht, Miss Rich. Heraus mit der Sprache!«
»Man hat immer den Wunsch, seine eigenen Ideen in die Tat umzusetzen. Sie mögen falsch oder
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